ProSieben THEMA. Forrest Trump
Thilo Mischke im Sat.1-Frühstücksfernsehen-Interview: "Für den Großteil ist der amerikanische Traum ausgeträumt"
- Veröffentlicht: 07.11.2024
- 16:39 Uhr
- Annalena Graudenz
Für seine neue Reportage "Forrest Trump" folgt Thilo Mischke dem ikonischen Lauf des Filmhelden Forrest Gump quer durch die USA und stellt sich die Frage, ob es den American Dream heute wirklich noch gibt. Über seine Erkenntnisse spricht er exklusiv im SAT.1 Frühstücksfernsehen.
Thilo, was ist deine persönliche Erkenntnis nach deiner USA-Reise?
Thilo Mischke: Dieses größte Land der größten Wirtschaft weltweit ist wirklich so kaputt im Kern, dass es mir eigentlich Angst macht. Dieses große Land hat so viel Einfluss und ich frage mich, was mit dem Rest der Welt passiert, wenn es dann irgendwann zusammenfällt.
Gab es besonders prägende Begegnungen?
Thilo Mischke: Es ist schwer, mich da festzulegen. Aber ich würde sagen, dass die zwei Geflüchteten aus Südamerika mich schon beeindruckt haben. Wir haben sie länger begleitet, als nur einen Besuch. Du siehst, was Menschen bereit sind, für ein besseres Leben aufs Spiel zu setzen. Nämlich ihr eigenes Leben. Ich dachte, dass sie euphorischer sind, wenn sie in die USA kommen und diese neue Freiheit leben können, nicht mehr so bedroht sind. Aber sie haben relativ schnell verstanden, worum es geht, und zwar arbeiten, bis man tot umfällt. Sonst kann man sich diese Freiheit nämlich nicht leisten und das ist eben eine erstaunliche Erkenntnis, weil die wenigsten sich in den USA diese vermeintliche Freiheit leisten können. Die beiden sind dabei einfach wahnsinnig erschöpft. Schon jetzt.
Wie sieht der "American Dream" heute aus?
Thilo Mischke: Also für den Großteil der amerikanischen Bevölkerung ist der amerikanische Traum ausgeträumt. Ich würde es auch nicht mehr American Dream nennen, sondern amerikanisches Durchhalten. Darum geht es: durchhalten. Bloß nicht krank werden, bloß nicht arbeitslos werden, bloß nicht schwanger werden, bloß nicht die falsche Religion haben, bloß nicht die falsche Hautfarbe. Das ist das Amerika der Gegenwart. Für die, die es sich allerdings leisten können, gilt dieser amerikanische Traum noch. Ich habe vor Ort auch Menschen getroffen, denen es richtig gut geht. Aber das ist dann eben einer von 100.000. Das ist quasi ein Lottogewinn, wenn du diesen amerikanischen Traum leben kannst.
Was war die größte Herausforderung auf deiner Recherchereise?
Thilo Mischke: Da wir ja immer in einem sehr kleinen Team reisen und wir alle freundschaftlich verbunden sind, geht sich das Team nicht auf den Keks (lacht). Die größte Herausforderung auf solchen langen Reisen, besonders durch die USA, ist die Ernährung, weil du einfach in diesem Land so viel Schrott isst, dass es dir einfach irgendwann schlecht geht. Nach dem x. Burger hast du einfach die Schnauze voll, dann willst du Gemüse essen, bezahlst aber dreimal so viel, wenn du im Supermarkt gesundes Essen kaufst. Ernährung ist auf jeden Fall eine große Schwierigkeit und man vermisst irgendwann auch seine Heimat, in meinem Fall Berlin.
Warum sollte man unbedingt die Reportage schauen?
Thilo Mischke: Wer ein differenziertes Bild aus den USA sehen möchte, der sollte unbedingt die Reportage, die wir gemacht haben, gucken. Wer Forrest Gump mag, sollte sie gucken. Wer sich für die USA, für Politik, für Menschen interessiert, sollte sie gucken. Wir versuchen, dort ein sehr neutrales Bild von diesem Land zu zeichnen und nicht zu sagen, das ist richtig und das ist falsch. Das schaffen wir, in dem wir genau zuhören in dieser Reportage und das hoffentlich auch richtig transportiert haben.