Lewis Capaldi fordert "Forget Me" – und macht einem genau das schwer

Der Schotte Lewis Capaldi ist – neben diesem rothaarigen Typen mit Gitarre, mit dem Capaldi übrigens eng befreundet ist – einer der erfolgreichsten Singer und Songwriter aus dem United Kingdom. "Someone You Loved" und "Before You Go" haben Streams im Milliardenbereich gesammelt. Seine Shows sind euphorische Mitsingfeste, die immer größer werden. Seine dramatische Stimme, seine Lieder über das Lieben und Entlieben, sein Gespür für große Pop-Momente – all das steht in einem schönen Kontrast zu seinem öffentlichen Auftreten. Denn: Lewis Capaldi ist kein trauriger blasser Mann mit Augenringen und permanentem Wimmern in der Stimme. Nein, Lewis Capaldi ist bei Instagram und bei TikTok, auf der Bühne, im Fernsehen – eigentlich überall – einer der lustigsten Menschen im Pop-Game. Selbstironisch, schlagfertig, gerne mal fluchend – man würde diesen Typen eindeutig auch als Comedian oder funny Influencer feiern.

Bevor er die neue Single "Forget Me" veröffentlichte, erzählte Capaldi in vielen Interviews, dass er ein ziemlich fauler Typ sei und deshalb froh sei, endlich mal wieder was Neues draußen zu haben. Überhaupt, sagte er, sei es schön, nach der Pandemie-Zwangspause "wieder einen richtigen Job" zu haben. Der Weg zu "Forget Me", das auf ein angenehmes 80s-Flair setzt, sei ebenfalls kein leichter gewesen, gab Capaldi gegenüber der BBC zu. Immerhin musste er etwas auf eines der erfolgreichsten Alben der Dekade folgen lassen: sein Debüt "Divinely Uninspired To A Hellish Extent", das allein für den Titel einen Preis verdient hätte. Statt in ein teures, fancy Studio zu gehen, mietete sich Capaldi mit ein paar Vertrauten bei einem Mann namens Alan für ein paar Tage ein AirBnB in Glasgow: "Wir haben bei ihm im Wohnzimmer ein paar Songs geschrieben und die werden nun alle auf meinem kommenden Album sein." Für ihn habe dieser Ansatz auch psychologische Gründe gehabt: "In einem teuren Studio denke ich immer gleich: 'Oh-oh, jetzt geht's los'. Und dann kicken meine Angst-Attacken. Es ist schwer, nicht das Gefühl zu haben, dass die Zeit drängt, wenn man im Hinterkopf hat, wie teuer der ganze Kram mit jeder Minute ist. Aber was bringt es, in diese schicken Studios zu gehen, wenn die erste Platte auch ohne diesen ganzen Kram gut gelaufen ist? Ich wollte einfach, dass alles entspannt ist."

Das ist ihm gelungen: "Forget Me" ist catchy, eindringlich, toll gesungen – und ungewollt perfide. Denn dieser Hit geht einem nun wirklich nicht leicht aus dem Ohr. Im Refrain singt er einer enttäuschten Ex hinterher: "'Cause I'm not ready / To find out, you know how to forget me / I'd rather hear how much you regret me / And pray to God that you never met me / Than forget me." Tja, das dürfte ihr nun unmöglich sein, wenn sie "Forget Me" hört. Das Video zum Song ist Capaldi-style ebenfalls unvergesslich: Er inszeniert sich als Urlaubs-Pascha im Pool, mit Sonnenbrille, unförmiger Badehose und Cocktail in der Hand, während um ihn herum dutzende extravagante, leicht bekleidete Menschen mitgrooven und aussehen, als warten sie auf eine Orgie, die beginnt, sobald die Kamera aus ist.