Fußballzwerg hält lange gut mit
7:0 gegen Gibraltar: DFB-Elf mit Pflichtsieg
- Veröffentlicht: 13.06.2015
- 23:14 Uhr
- dpa
Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hat sich mit einem glanzlosen Pflichtsieg gegen die Amateure aus Gibraltar in die Sommerpause verabschiedet.
Nach einer Halbzeit hart an der Grenze zur Peinlichkeit hat sich der Weltmeister mit einem standesgemäßen Kantersieg in den ersehnten Urlaub verabschiedet. Eine deutliche Steigerung nach der Pause und ein Tore-Dreierpack von André Schürrle brachten der deutschen Fußball-Nationalmannschaft einen 7:0 (1:0)-Erfolg gegen den krassen Außenseiter Gibraltar. Mit dem zweithöchsten Sieg unter Bundestrainer Joachim Löw nach dem 13:0 in San Marino 2006 ist das DFB-Team mit 13 Punkten vor dem «heißen Herbst» in der EM-Qualifikation-Gruppe D hinter Polen (14) auf Rang zwei gerückt.
Neben Schürrle (28., 65. und 71.) trugen sich zweimal der zukünftige Wolfsburger Max Kruse (47. und 80.) sowie Ilkay Gündogan (51.) und Karim Bellarabi (57.) in die Torschützenliste ein. Ein versöhnlicher Abend wurde es für die mitgereisten deutschen Fans aber erst in der zweiten Halbzeit, als die DFB-Auswahl gegen die Amateure aus Gibraltar zu ihren Toren kam.
"Wir haben in der ersten Halbzeit vier, fünf große Chancen vertan und uns das Leben selbst schwer gemacht. In der Halbzeit bin ich ein bisschen deutlicher geworden. Genau das war ja auch das Thema nach dem USA-Spiel. Wir gehen zu fahrlässig mit den Möglichkeiten um", kritisierte Löw, der mit der Reaktion im zweiten Durchgang zufrieden war: "Da waren wir konzentrierter und konsequenter beim letzten Pass und beim Torabschluss." Löw blickte bereits zuversichtlich auf die entscheidenden Spiele im kommenden Herbst. "Wir werden in die Spur finden und die nötigen Punkte machen, um uns zu qualifizieren."
"Das darf nicht passieren"
Kapitän Bastian Schweinsteiger gab sich selbstkritisch, nachdem er einen Foulelfmeter verschossen hatte (10.). "Das darf nicht passieren", sagte der Bayern-Profi und ergänzte: "Wichtig ist aber, dass wir in der zweiten Halbzeit rausgegangen sind und die Tore geschossen haben. Wir haben drei Punkte geholt und 7:0 ist ein Ergebnis, mit dem man gut leben kann." So sah es auch Schürrle: "Solche Spiele sind gut, um Tore zu schießen. Wir wollten es. 7:0 ist ein gutes Ergebnis."
Ein Ergebnis, das aber ein wenig über die schwache erste Hälfte hinwegtäuschte. Denn die von Löw geforderte "Gnadenlosigkeit" hatte die DFB-Auswahl gegen den krassen Außenseiter erst in der zweiten Halbzeit gezeigt. Dabei hatte der Bundestrainer vor 7467 Zuschauern im Éstadio Algarve im portugiesischen Faro, wo die britische Kronkolonie mangels geeignetem Heimstadion antreten muss, gleich voll auf Offensive gesetzt. Patrick Herrmann über rechts und Bellarabi über links bildeten quasi zusammen mit Mario Götze und Schürrle einen Vierer-Angriff. In der Abwehr beließ es Löw auf eine von Rückkehrer Jérome Boateng dirigierte Dreierkette.
Mit der Umsetzung der Löw'schen Marschroute haperte es aber gewaltig. Die erste Halbzeit war eines Weltmeisters kaum würdig. Gegen die dicht gestaffelte Defensive agierte die DFB-Elf einfallslos und ging gerade vor dem Tor viel zu fahrlässig mit ihren Chancen um. Bestes Beispiel war der fast schon arrogant geschossene Foulelfmeter von Schweinsteiger, den Torhüter Jordan Perez problemlos parierte. Kläglich auch, wie Mesut Özil und der eingewechselte Kruse kurz vor der Pause (44.) mit ihren Torchancen umgingen. So wuchs Perez, im wahren Leben ein Feuerwehrmann, über sich hinaus.
Doch nicht nur das Offensivspiel lahmte, im Mittelfeld offenbarte die DFB-Auswahl erschreckend große Lücken, so dass die tapferen Gastgeber sogar selbst zu einigen Chancen kamen. Ging ein Warnschuss von Liam Walker in der fünften Minute noch knapp vorbei, musste der Dortmunder Schlussmann Roman Weidenfeller sogar einige Male beherzt eingreifen, um einen Gegentreffer zu verhindern.
Dabei sollte es eigentlich ein ruhiges "Abschiedsspiel" für den 34-Jährigen werden, der wohl nach der Sommerpause angesichts der vielen starken jungen Torhüter wie Marc-André ter Stegen oder Bernd Leno kaum mehr eine Chance haben wird. Doch Weidenfeller war bei Schüssen von Adam Priestley (17.) - ein Lehrer, der in der achten englischen Liga spielt - und Aaron Payas (22.) zur Stelle. Noch brenzliger wurde es in der 30. Minute, als Jake Gosling zum Nationalhelden hätte aufsteigen können, als er aus zwei Metern am DFB-Schlussmann scheiterte.
Erst nach der Pause kommt das DFB-Team ins Rollen
Bezeichnenderweise ging beim Führungstor des Weltmeisters auch noch ein kapitaler Fehler von Gibraltars Ryan Casciaro voraus. Schürrle spitzelte dem Verteidiger den Ball weg und überwand auch Perez. Zuvor hatte sich Götze festgelaufen. Der WM-Held musste kurze Zeit später mit Oberschenkelproblemen für Kruse ausgewechselt werden. Rund 3000 aus dem 400 Kilometer entfernten Gibraltar angereiste Fans waren angesichts der Vorstellung völlig aus dem Häuschen, während bei Löw und DFB-Präsident Wolfgang Niersbach betretene Mienen zu verzeichnen waren.
Nachdem ein kaputtes Tornetz in der Halbzeit für eine Verzögerung sorgte, ging die deutsche Mannschaft im zweiten Durchgang mit viel mehr Ernsthaftigkeit zu Werke und profitierte wohl auch davon, dass bei den Halbprofis Kräfte und Konzentration nachließen. So staubte Kruse nach Vorarbeit von Özil aus kurzer Entfernung ab (47.), kurz darauf gelang Gündogan der dritte Treffer (51.), ehe Bellararbi nach einem Perez-Patzer weiter erhöhte (57.). Endlich nutzte der Weltmeister die Schwächen des limitierten Gegners konsequent aus. So konnte auch Bundestrainer Löw etwas beruhigter auf der Bank seine Nägel feilen.
Doch trotz aller Überlegenheit blieb es für Weidenfeller ein arbeitsreicher Tag. Gegen Lee Casciaro lenkte der Routinier den Ball mit den Fingerspitzen gerade noch über das Tor (55.). Das längst verdiente erste Heimtor wollte der Mannschaft David Wilson einfach nicht gelingen. Stattdessen entwickelte die deutsche Mannschaft, insbesondere Schürrle, endlich Torlaune. Der Wolfsburger war sowohl in der 65. als auch in der 71. Minute aus kurzer Entfernung zur Stelle, ehe sein zukünftiger Kollege Kruse nochmals traf (80.).