Martin Schulz soll Amt ruhen lassen
Abgeordnete kritisieren EU-Parlamentspräsidenten wegen Wahlkampfs
- Veröffentlicht: 13.03.2014
- 23:45 Uhr
- win, AFP
Vertreter von fünf der sechs deutschen Parteien im EU-Parlament haben am Donnerstag dessen Präsidenten Martin Schulz (SPD) aufgefordert, sein Amt bis zur Europawahl ruhen zu lassen. In einem offenen Brief äußern die Unterzeichner ihre "Sorge um das Ansehen des Amts des Parlamentspräsidenten", das Schulz "trotz gegenteiliger Aufforderungen" auch nach seiner Nominierung zum Spitzenkandidaten der Europäischen Sozialisten bei der Europawahl weiter ausübe.
Dies stehe im Widerspruch nicht zur Geschäftsordnung des Europaparlaments, die den Präsidenten zu Überparteilichkeit verpflichte, sondern auch zum Verhalten der Mitglieder der EU-Kommission, heißt es in dem Brief, von dem der Nachrichtenagentur AFP eine Kopie vorlag. Mitglieder der Kommission legten ihr Amt nieder, wenn sie bei der Europawahl kandidierten.
"Ein Unding und schlechter politischer Stil"
"Beunruhigt" äußerten sich die Unterzeichner auch über den Umstand, dass der vom Parlamentspräsidenten offiziell genutzte Twitter-Account "über Nacht zu einem Kandidaten-Account" geworden sei. Unterschrieben wurde der Brief von Herbert Reul (CDU), Markus Ferber (CSU), Reinhard Bütikofer (Grüne), Alexander Graf Lambsdorff (FDP) und Cornelia Erst (Die Linke). Die Sozialdemokraten schlossen sich dem Vorstoß nicht an.
Die Forderung findet Unterstützung im Deutschen Bundestag. Es sei "ein Unding und schlechter politischer Stil", wenn sich der Präsident des Europaparlaments im Wahlkampf "aus eigennützigen Gründen engagiert", kritisierte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Friedrich. Seine Fraktion schließe sich dem Vorstoß der deutschen Europaabgeordneten "mit Nachdruck" an. Sein Amt verpflichte Schulz zur "überparteilichen Wahrnehmung seiner Aufgaben". Es dürfe nicht für Wahlkampfzwecke missbraucht werden. "Wir erwarten daher von Martin Schulz, sein Amt umgehend ruhen zu lassen."
Es geht um einen fairen Wahlkampf
Schulz war am 1. März bei einem Kongress der Partei der Europäischen Sozialisten in Rom zum Spitzenkandidaten für die Europawahl gekürt worden. Damit ist er zugleich der Kandidat der europäischen Sozialisten für das Amt des künftigen EU-Kommissionspräsidenten.
Bereits unmittelbar nach der Nominierung hatten mehrere Europaabgeordnete Schulz aufgefordert, sein Amt ruhen zu lassen. Es könne nicht sein, dass der Parlamentspräsident "mit der Macht, dem Prestige und den Ressourcen der Institution im Rücken Wahlkampf macht", betonte Lambsdorff damals in einer Mitteilung an die Presse. Es gehe nicht um einen "Verdacht gegen Martin Schulz", sondern um fairen Wahlkampf.