Neuer Standort für die Blockbuster-Produktion
"Aussiewood" - Hollywood macht sich selbst Konkurrenz in Down Under
- Veröffentlicht: 03.07.2021
- 19:06 Uhr
- dpa
Hollywood hat sich in Australien verguckt. Als in den USA wegen Corona nichts mehr ging, wanderten immer mehr Produktionen ins Outback ab - und haben sich dort von modernen Studios und tollen Locations verzaubern lassen. Doch nicht alle jubeln über "Aussiewood".
Den Zeitpunkt hätte Russell Crowe kaum besser wählen können: Im Juni präsentierte der neuseeländisch-australische Oscar-Gewinner ("Gladiator") sein Projekt für ein brandneues Filmstudio in Coffs Harbour, auf halber Strecke zwischen Sydney und der berühmten Gold Coast. Der 57-Jährige lebt ganz in der Nähe - das ist sicher das Sahnehäubchen, aber der eigentliche Grund für die Pläne ist der Run internationaler Filmproduktionen auf Australien. Amerikas Film- und Streaming-Industrie hat sich in den Fünften Kontinent verguckt. "Aussiewood" wird die neue Traumfabrik in Anlehnung an Hollywood schon betitelt.
Regisseure und Produzenten können gerade wegen der vielfältigen Landschaften aus dem Vollen schöpfen. Ob Metropolen wie Sydney oder Melbourne, Outback-Kaffs, rote Wüsten, Korallenriffe, einsame Inseln oder tropische Regenwälder - Australien bietet so ziemlich alles, was das (Film-)Herz an Locations begehrt.
Wichtig auch: Als das Filmen in den USA wegen der Corona-Pandemie immer schwieriger wurde, bot sich Australien bereitwillig als Alternative an. Auch wenn derzeit wegen der Delta-Variante die Zahlen steigen: Das Land hat das Virus wegen extrem strikter Regeln und seiner abgelegenen Lage bisher gut im Griff. Zusammen mit einem Stimuluspaket der Regierung in Höhe von 400 Millionen australischen Dollar (etwa 254 Millionen Euro) ist das ein schmuckes Bündel.
"Australien steht im internationalen Rampenlicht", brachte es bereits Ende 2020 Kate Marks, die Geschäftsführerin der lokalen Regierungsbehörde Ausfilm, bei einer parlamentarischen Anhörung auf den Punkt. Das Land biete eine unschlagbare Kombination aus hochmodernen Studioeinrichtungen, talentierten und kreativen Postproduktions- und Visual-Effects-Studios sowie Locations, mit denen fast jeder Ort auf der Welt nachgeahmt werden könne.
Viel Lob für das Hollywood jenseits von Hollywood
"Die örtliche Industrie hat sich auf der internationalen Bühne wirklich einen Namen gemacht. Sie ist talentiert, innovativ, kreativ, leidenschaftlich und fleißig", lobte Marks. Allein im zweiten Halbjahr 2020 habe Ausfilm Anfragen für 37 Projekte erhalten. Das seien 300 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.
Stars von Matt Damon über Tom Hanks, Idris Elba, Julia Roberts und George Clooney bis hin zu Tilda Swinton haben zuletzt in Down Under gedreht oder werden demnächst erwartet. Auch australische Film-Ikonen wie Chris Hemsworth und Nicole Kidman zieht es wieder in die Heimat. Hemsworth betonte, für ihn werde mit den Dreharbeiten für den neuen "Mad Max"-Streifen im Bundesstaat New South Wales "ein Traum wahr", weil er nach Jahren in den USA nun endlich in Australien arbeiten könne. In den nächsten Wochen soll es losgehen.
Auch Politiker jubeln angesichts solcher Mega-Blockbuster made in Australia. Gladys Berejiklian, Premierministerin von New South Wales, schrieb im April stolz auf Twitter, "Mad Max: Furiosa" werde die größte Produktion sein, die je im Land gedreht wurde. Sie sprach von "850 lokalen Jobs und 350 Millionen Dollar für die Wirtschaft".
Große Freude auch bei Nicole Kidman - und Umzug bei Zac Efron
Nicole Kidman freut sich ebenfalls über die Rückkehr zu ihren Wurzeln. Der Anlass: Die Dreharbeiten zur Hulu-Miniserie "Nine Perfect Strangers", die die 54-jährige mitproduziert hat. Kidman verkörpert darin die mysteriöse Direktorin eines Wellness-Resorts. Im Dezember zum Abschluss des Drehs im Badeort Byron Bay postete sie ein Foto, auf dem sie mit Co-Star Melissa McCarthy ("Brautalarm") auf den Pazifik blickt. Es sei unglaublich, dass so ein Dreh im Corona-Jahr 2020 überhaupt möglich gewesen sei, betonte sie.
US-Schauspieler Zac Efron ("Greatest Showman") soll mittlerweile sogar ganz nach Australien gezogen sein. Zuletzt hatte er für den Survival-Thriller "Gold" im atemberaubenden Outback der Flinders Ranges vor der Kamera gestanden. In dem Streifen stolpern zwei Fremde, die durch eine Wüste reisen, über das größte jemals gefundene Goldnugget. "'Gold' ist nur eine von mehreren großen Filmproduktionen der letzten Zeit, die die einzigartigen roten Wüstenlandschaften des Outbacks von South Australia genutzt haben", freute sich Ausfilm.
Weitere Aussiewood-Streifen, die bereits abgedreht sind oder bald gefilmt werden, sind "Thor: Love And Thunder" mit Chris Hemsworth, Natalie Portman und Russell Crowe, der Actionthriller "Blacklight" mit Liam Neeson und Ron Howards Heldenepos "Thirteen Lives" über das Höhlenunglück von Thailand mit Viggo Mortensen und Colin Farrell.
Für "Elvis" wechselt selbst Memphis den Kontinent
Für die Filmbiografie "Elvis" unter der Regie von Baz Luhrmann mit Tom Hanks wurde die Gold Coast kurzerhand in Memphis/Tennessee verwandelt. Und Julia Roberts und George Clooney drehen die romantische Komödie "Ticket to Paradise" nicht auf Bali, wo sie eigentlich spielt, sondern auf den paradiesischen Whitsunday Islands.
Die Kehrseite der Medaille: Während halb Hollywood die australische Idylle genießt, wo bisher vielerorts nicht einmal eine Maskenpflicht herrschte, sitzen Zehntausende Australier im Ausland fest - und konnten teilweise wegen der Grenzschließungen ihre Familien seit mehr als einem Jahr nicht mehr sehen.
Und auch bei der zweiwöchigen Quarantäne für Einreisende wird mit zweierlei Maß gemessen: Statt in den vorgeschriebenen Hotels hat mancher Schauspieler die Isolation in luxuriösen Unterkünften verbracht. So wurde es etwa Matt Damon genehmigt, eine Villa für die ganze Familie nahe Byron Bay anzumieten. Kosten für das Anwesen mit Pool und Tennisplatz: 7000 australische Dollar (4400 Euro) pro Tag, wie das Nachrichtenportal "news.com.au" vorrechnete.
Das stieß einigen bitter auf. "Es gibt also ganz klar verschiedene Regeln für Reiche und für Arme", sagte der Chef des australischen Ärzteverbandes im Bundesstaat Western Australia, Andrew Miller. Er forderte gleiche Rechte für alle: "Es sollte eigentlich keine Rolle spielen, ob jemand Matt Damon ist oder Joe Bloggs heißt, jeder sollte die Möglichkeit haben, da in Quarantäne zu gehen, wo es ihm passt."