Krise in der Ukraine
"Eine Kriegserklärung gegen mein Land"
- Veröffentlicht: 02.03.2014
- 16:45 Uhr
- mei, DPA
Moskaus Konfrontationskurs hat die Sorge vor einem militärischen Konflikt auf der ukrainischen Halbinsel Krim wachsen lassen. Während sich die Regierung in Kiew auf den Ernstfall vorbereitete und alle Reservisten mobilisierte, verschärfte der Westen den Ton gegenüber Russland. US-Präsident Barack Obama warnte Staatschef Wladimir Putin vor dem Einsatz von Gewalt. Auch die Bundesregierung rief Moskau zur Zurückhaltung auf.
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Angesichts der drohenden Militärintervention auf der russisch geprägten Halbinsel veranlasste der Nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat der Ukraine die Mobilisierung sämtlicher Reservisten. Das Verteidigungsministerium sei angewiesen worden, alle benötigten Soldaten zusammenzurufen, erklärte Ratschef Andrij Parubij. Zuvor hatte die neue Führung in Kiew bereits die Armee in Alarmbereitschaft versetzt.
Die Regierung reagierte damit auf einen Beschluss des russischen Parlaments, das am Samstag auf Antrag von Präsident Putin die Entsendung von Truppen auf die Krim genehmigt hatte. Als Begründung für seinen Antrag nannte Putin die "Bedrohung" für die auf der Halbinsel lebenden russischen Staatsbürger. Nach dem Votum erklärte sein Sondergesandter im Parlament, Grigori Karasin, dass die Genehmigung des Truppeneinsatzes nicht mit einem Marschbefehl gleichzusetzen sei.
"Kriegserklärung gegen mein Land"
Der ukrainische Übergangsregierungschef Arseni Jazenjuk warf Putin eine "Kriegserklärung gegen mein Land" vor. Die Ukraine stehe am "Rande der Katastrophe". Putin stehe kurz davor, "einen Krieg zwischen zwei benachbarten und befreundeten Ländern" anzuzetteln.
Obama rief Putin in einem 90-minütigen Telefonat am Samstag auf, alle russischen Soldaten in ihre Militärbasen auf der Krim zurückzubeordern. Der US-Präsident habe seine tiefe Besorgnis über die "eindeutige Verletzung der ukrainischen Souveränität" und des Völkerrechts durch Russland zum Ausdruck gebracht, teilte das Weiße Haus mit. Putin pochte nach Angaben des Kreml auf das Recht seines Landes, seine Interessen auf der Krim sowie im Osten der Ukraine zu verteidigen.
Gleichzeitig kündigte der US-Präsident an, sich nicht mehr an der Vorbereitung des G-8-Gipfels im Juni im russischen Sotschi zu beteiligen. Auch Frankreich legte die Planungen auf Eis. Außenminister Laurent Fabius verurteilte "die vom russischen Militär betriebene Eskalation". US-Außenminister Kerry ging schließlich noch einen Schritt weiter und drohte mit dem Ausschluss Russlands aus den G8.
Steinmeier sieht Russland im Unrecht
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) rief Russland mit scharfen Worten auf, seine Truppen auf der Krim nicht außerhalb der Militärstützpunkte einzusetzen. "Russland hat kein Recht, sein Militär jenseits der Regeln des Pachtvertrages über die russische Schwarzmeerflotte auf ukrainischem Hoheitsgebiet einzusetzen", erklärte Steinmeier, der vor einer "neuen Spaltung Europas" warnte.
Die NATO warf Russland vor, "Frieden und Sicherheit in Europa" zu bedrohen. Die Regierung in Moskau müsse ihre "militärischen Aktivitäten und Drohungen" gegen die Ukraine beenden, erklärte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Sonntag in Brüssel vor Beratungen der Botschafter der 28 Bündnisstaaten.
Seit dem Machtwechsel in Kiew nehmen die Spannungen in den mehrheitlich pro-russischen Gebieten im Osten des Landes sowie auf der Krim zu. Soldaten in Kampfanzügen ohne Abzeichen kontrollieren inzwischen mehrere Flughäfen sowie das Zentrum der Krim-Hauptstadt Simferopol.
Laut Berichten örtlicher Medien blockierten russische Soldaten zudem eine Marinebasis der ukrainischen Armee und forderten die etwa 400 Soldaten auf, sich zu ergeben. Die Krim hat seit 1992 den Status einer autonomen Republik innerhalb der Ukraine. Auf dem Maidan in Kiew versammelten sich am Sonntag 50.000 prowestliche Demonstranten.
Papst Franziskus rief die Beteiligten zur Verständigung auf. Beim Angelus-Gebet am Sonntag auf dem Petersplatz in Rom drängte er "alle Parteien im Land zusammenzuarbeiten, um das Unverständnis zu überwinden".