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Berlin

Extremismus wird zur Gefahr für Unternehmen

  • Veröffentlicht: 27.03.2019
  • 16:06 Uhr
  • dpa
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© dpa

Dass sich Firmen hierzulande gegen Industriespionage und Cyberkriminalität wappnen müssen, ist bekannt. Doch auch handgemachter Extremismus kann Firmen und dem Wirtschaftsstandort Deutschland schaden.

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Der Verfassungsschutz hat an deutsche Unternehmen appelliert, konsequent gegen extremistische Äußerungen am Arbeitsplatz vorzugehen. "Wir müssen hingucken", forderte der Vizepräsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Sinan Selen, bei einer Sicherheitstagung, die seine Behörde am Mittwoch gemeinsam mit dem Bundesverband Allianz für Sicherheit in der Wirtschaft (ASW) in Berlin ausrichtete. Einmalig im Betrieb eine Broschüre zu verteilen, sei nicht ausreichend, um das Problem in den Griff zu bekommen. Auch seien Vertreter der sogenannten Neuen Rechten, die oft mit einer "hippen Fassade" daherkämen, nicht so leicht zu erkennen wie der typische Neonazi mit Springerstiefeln.

"extremistische Prozesse klar darstellen"

"Extremistische Kommentare können das betriebliche Miteinander stören", warnte Selen. Der Verfassungsschutz sehe es auch deshalb als seine Aufgabe an, "extremistische Prozesse klar darzustellen", damit Unternehmen Risiken selbst erkennen. Er stellte aber klar, es gehe nicht darum, dass der Staat in den Firmen selbst aktiv werde. Aufmärsche gewaltbereiter Rechtsextremisten könnten langfristig auch zu einer Belastung für die deutsche Wirtschaft werden - wenn sie ausländische Fachkräfte und Investoren abschrecken.

Der ASW-Vorsitzende Volker Wagner berichtete von "Reichsbürgern", die ein Firmengelände nicht betreten durften, weil sie am Eingang keinen Ausweis vorlegen wollten. "Reichsbürger" erkennen die Bundesrepublik Deutschland als Staat nicht an und behaupten, dass das Deutsche Reich weiter existiere. Einige Gruppierungen fabrizieren Personaldokumente, die keine offizielle Gültigkeit haben.

Zur Frage, wo die Trennlinie zwischen Rechtspopulismus und Extremismus verläuft, sagte der ehemalige Verfassungsrichter Udo di Fabio, entscheidend seien "Aggressivität" und "Zerstörungswillen". Wer einzelne Elemente der freiheitlich-demokatischen Grundordnung ablehne, sei deswegen noch nicht unbedingt ein Extremist. Er betonte: "Wer Ausländer pauschal in öffentlicher Hetzrede als kriminell und wie entsorgungspflichtiges Gefahrgut darstellt, wer mit Verschwörungstheorien und Systemanklagen die Demokratie wiederkehrend und nachdrücklich verächtlich macht und die privatautonome Ordnung als menschen- und umweltzerstörerisches kapitalistisches System anklagt, das es im Kern zu überwinden, zu transformieren oder zu zerstören gilt, der will mehr als nur eine offene Diskussion."

Sorge bereitet dem Verfassungsschutz nach Angaben von Vizepräsident Selen aktuell auch eine "Entgrenzung" zwischen Linksextremisten und dem legitimen Protest der demokratisch-bürgerlichen Mitte - etwa zu politisch umstrittenen Fragen wie Kohleabbau und Klimaschutz. Unter Angriffen aus dem linksextremistischen Spektrum hätten zuletzt unter anderem eine Reederei in Hamburg und der Geschäftsführer einer Messe-Gesellschaft zu leiden gehabt. Kabelschächte und Stellwerke der Deutschen Bahn seien ebenso attackiert worden wie Funkmasten und Fahrzeuge der Telekom.

Auf der Liste der potenziellen Ziele der Linksextremisten weit nach oben gerückt seien auch Wohnungsbau- und Immobiliengesellschaften. Dabei werde auch nicht davor zurückgeschreckt, Neubauten in Brand zu setzen.

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