Wirtschaftsvertreter sprechen von Gängelung
Mindestlohn: Vorwürfe an die Regierung
- Veröffentlicht: 02.03.2015
- 16:12 Uhr
- dpa
Der Wirtschaftsflügel der Union hat eingeladen - und viele Branchenvertreter kommen ins Reichstagsgebäude. Sie sollen ihrem Unmut über den Mindestlohn Luft machen.
Wirtschaftsvertreter haben dem Arbeitsministerium beim Mindestlohn Gängelung, Bürokratiewahnsinn und wirtschaftsfeindliche Ideologie vorgeworfen. Auf Einladung des Parlamentskreises Mittelstand der Unionsfraktion waren sie am Montag in den Sitzungssaal der Fraktion im Bundestag gekommen. Der Vorsitzende des Kreises, Christian Freiherr von Stetten, kritisierte "Chaos in der Umsetzung" der Mindestlohnregeln - und rannte bei Vertretern mehrerer Branchen offene Türen ein.
So forderte eine Vertreterin des Gastronomieverbands Dehoga: "Statt Generalverdacht und Gängelung erwarten wir Verständnis für die Hoteliers." Ein Vertreter der Schausteller sagte: "Der Generalverdacht lässt unser Temperament als Schausteller hochgehen, weil wir das seit mehreren Generationen erleben. Wir brauchen keine Gesetzgebung, die uns in die Illegalität treibt." Nötig seien Ausnahmen vom Mindestlohn für seine Branche. "Der Mindestlohn ist für das Schaustellergewerbe fast nicht leistbar."
Unionspolitiker gegen Pflicht für Arbeitgeber
Die Unions-Wirtschaftspolitiker sind vor allem gegen die Pflicht für Arbeitgeber, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit zu erfassen. Das gilt für gewerblich tätige Minijobber und für Beschäftigte aus neun für Schwarzarbeit anfällige Branchen. Dokumentiert werden muss bei einem Gehalt bis 2958 Euro.
Ein Vertreter des Handwerks sagte: "Diese Grenze halten wir für völlig realitätsfern." Ein Vertreter der Gebäudereiniger kritisierte, selbst für kaufmännische Angestellte, die fast 3000 Euro verdienten, gebe es nun Aufzeichnungspflichten. Stetten forderte Nahles auf, Korrekturen rasch per Verordnung auf den Weg zu bringen. Ein Vertreter der Bauwirtschaft wandte sich gegen längere Prüfungen der Wirkung der 8,50-Euro-Lohnuntergrenze. "Ärger haben wir jeden Tag am Telefon. Das kann ich gerne dem Ministerium vortragen, was da an Ärger aus den Unternehmen kommt."
Hintergrund ist, dass die Koalition bis Ostern eine Bestandsaufnahme möglicher praktischer Probleme plant. Auf dieser Basis wollen Union und SPD im April - falls nötig - Änderungen beschließen.